Anfang 2012 wurde ich vom Wiesbadener Kurier gebeten, einen Gastkommentar zum Thema "Spannungsfeld zwischen Parteien und Bürgerinitiativen" zu schreiben. Das ist das Ergebnis.
Zu Beginn des neuen Jahres veröffentlichen die deutschen Parteien regelmäßig die aktuelle Anzahl ihrer Parteimitglieder. Abgesehen von mehr oder weniger geringen Zuwächsen bei GRÜNEN und Piraten folgen die Zahlen bei CDU, CSU, SPD, FDP und Linkspartei einem seit Jahren erkennbaren Trend: Der Mitgliederbestand nimmt stetig ab, das Durchschnittsalter ist relativ hoch, der Frauenanteil gering.
Diese Entwicklung sollte jeden, dem das politische System unseres Landes am Herzen liegt, unruhig machen. Übrigens sollte auch ein anhaltender Mitgliederschwund bei einem Konkurrenten im politischen Wettbewerb kein Anlass zur Freude sein.
Sicherlich kann man ähnliche Tendenzen auch bei anderen Großorganisationen, bspw. Kirchen, Gewerkschaften etc. beobachten. Die Bereitschaft, sich an bestimmte Institutionen dauerhaft zu binden, hat erkennbar nachgelassen.
Gleichzeitig erleben wir fast täglich die Gründung einer „Bürgerinitiative“ - besonders prominente Beispiele sind die Anti-AKW-Gruppen, Umweltverbände, Fluglärmgegner, Datenschützer, Menschenrechtler und nicht zuletzt S21-Gegner. Diese parteiunabhängigen Organisationen stellen innerhalb unseres demokratischen Systems eine gute und unverzichtbare Ergänzung zu den Parteien dar. In dieser Stärke liegt aber zugleich auch die Schwäche der „Bürgerinitiativen“: Sie können eben im besten Fall „nur“ eine wertvolle Ergänzung – aber niemals Ersatz für demokratische Meinungsbildung in Form von Parteien sein.
Es ist viel einfacher -und in der Regel auch bequemer-, für ein ganz bestimmtes Einzelinteresse Mitstreiter zu finden. Ein klar formuliertes Ziel verknüpft mit Emotionen und persönlicher Betroffenheit mobilisiert häufig eine große Anzahl von Menschen. Demokratischer Diskurs, Streit um das beste Argument, Ausgleich von verschiedenen Interessen kann in einer solchen Organisationsform nie stattfinden.
In einer Protestgruppe gegen den Bau eines Kohlekraftwerkes gibt es niemanden, der eine gegenteilige Position vertreten könnte. Als Mitglied einer Bürgerinitiative gegen Fluglärm weiß ich, dass die Mitarbeit von Anhängern eines weiteren Flughafenausbaus und Gegnern eines Nachtflugverbotes nicht gewünscht ist.
Der Wert unserer Demokratie liegt aber nicht in der möglichst kraftvollen Artikulation von Einzelinteressen. Eine Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn ein Ausgleich von Interessen stattfindet. Die Addition von Einzelinteressen darf nicht zur Philosophie unseres Zusammenlebens werden.
Dies zu verhindern, ist Aufgabe der Parteien. Zugegeben: Ortsvereinssitzungen in dunklen Kneipen, Verteilaktionen bei Schnee und Hagel, Konkurrenzkämpfe schon auf unterster Parteiebene und andere, gerne als „verstaubt“ bezeichnete Rituale, sorgen nicht unbedingt dafür, dass Parteiarbeit ein attraktives Freizeitangebot für breite Bevölkerungsschichten darstellt. Wer aber die Mitarbeit in einer Partei auf diese Punkte reduziert, verkennt völlig die Bedeutung, die Parteien darüber hinaus haben.
Parteien sind eben keine Ansammlung von Leuten, die zu jedem Thema immer alle die gleiche Meinung haben. In Parteien wird diskutiert, häufiger auch gestritten, Argumente werden ausgetauscht, verschiedene Blickwinkel betrachtet. Parteien – und insbesondere Volksparteien- sind der Versuch, gesellschaftliche Konflikte auszutragen und innerhalb eines Meinungsbildungsprozesses, bei dem verschiedenste Positionen vorgetragen werden, unter Berücksichtigung diverser Interessen zu einem Ergebnis zu kommen.
Parteien sind keine Eintagsfliegen. Die „etablierten“ Parteien in der Bundesrepublik haben ein historisches Bewusstsein – sie können politische Entscheidungen in einen Gesamtzusammenhang einordnen und Auswirkungen auf andere Bereiche abschätzen. Und Parteien sind die einzigen, die auch unpopuläre, aber dennoch richtige und zielführende Entscheidungen treffen können. Wir werden nie erleben, dass sich irgendwo in unserem Land eine Bürgerinitiative für den Bau eines Endlagers für atomare Abfälle einsetzt. Eine Arbeitsteilung nach dem Motto: Die "guten" Bürgerinitiativen schalten die AKWs ab und die "böse" Politik darf sich um den Müll kümmern, wird auf Dauer nicht funktionieren. Politik ist keine fremde Übermacht, die uns das Geld aus den Taschen zieht und sich auf unsere Kosten ein schönes Leben macht. Politik, das sind wir!
Sicherlich wird nicht jedes neue Parteimitglied die Entscheidungsprozesse einer großen Volkspartei beeinflussen und prägen können. Und trotzdem ist jedes einzelne neue Parteimitglied wichtig. Parteien müssen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, in ihrer Mitgliederstruktur ein Abbild der Gesellschaft sein. Kenntnis von der Lebenswirklichkeit und vom Alltag der Menschen sind der wichtigste Faktor für gute Politik.
Deswegen: Kommt in die Parteien! Am besten natürlich zur SPD.
Diese Entwicklung sollte jeden, dem das politische System unseres Landes am Herzen liegt, unruhig machen. Übrigens sollte auch ein anhaltender Mitgliederschwund bei einem Konkurrenten im politischen Wettbewerb kein Anlass zur Freude sein.
Sicherlich kann man ähnliche Tendenzen auch bei anderen Großorganisationen, bspw. Kirchen, Gewerkschaften etc. beobachten. Die Bereitschaft, sich an bestimmte Institutionen dauerhaft zu binden, hat erkennbar nachgelassen.
Gleichzeitig erleben wir fast täglich die Gründung einer „Bürgerinitiative“ - besonders prominente Beispiele sind die Anti-AKW-Gruppen, Umweltverbände, Fluglärmgegner, Datenschützer, Menschenrechtler und nicht zuletzt S21-Gegner. Diese parteiunabhängigen Organisationen stellen innerhalb unseres demokratischen Systems eine gute und unverzichtbare Ergänzung zu den Parteien dar. In dieser Stärke liegt aber zugleich auch die Schwäche der „Bürgerinitiativen“: Sie können eben im besten Fall „nur“ eine wertvolle Ergänzung – aber niemals Ersatz für demokratische Meinungsbildung in Form von Parteien sein.
Es ist viel einfacher -und in der Regel auch bequemer-, für ein ganz bestimmtes Einzelinteresse Mitstreiter zu finden. Ein klar formuliertes Ziel verknüpft mit Emotionen und persönlicher Betroffenheit mobilisiert häufig eine große Anzahl von Menschen. Demokratischer Diskurs, Streit um das beste Argument, Ausgleich von verschiedenen Interessen kann in einer solchen Organisationsform nie stattfinden.
In einer Protestgruppe gegen den Bau eines Kohlekraftwerkes gibt es niemanden, der eine gegenteilige Position vertreten könnte. Als Mitglied einer Bürgerinitiative gegen Fluglärm weiß ich, dass die Mitarbeit von Anhängern eines weiteren Flughafenausbaus und Gegnern eines Nachtflugverbotes nicht gewünscht ist.
Der Wert unserer Demokratie liegt aber nicht in der möglichst kraftvollen Artikulation von Einzelinteressen. Eine Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn ein Ausgleich von Interessen stattfindet. Die Addition von Einzelinteressen darf nicht zur Philosophie unseres Zusammenlebens werden.
Dies zu verhindern, ist Aufgabe der Parteien. Zugegeben: Ortsvereinssitzungen in dunklen Kneipen, Verteilaktionen bei Schnee und Hagel, Konkurrenzkämpfe schon auf unterster Parteiebene und andere, gerne als „verstaubt“ bezeichnete Rituale, sorgen nicht unbedingt dafür, dass Parteiarbeit ein attraktives Freizeitangebot für breite Bevölkerungsschichten darstellt. Wer aber die Mitarbeit in einer Partei auf diese Punkte reduziert, verkennt völlig die Bedeutung, die Parteien darüber hinaus haben.
Parteien sind eben keine Ansammlung von Leuten, die zu jedem Thema immer alle die gleiche Meinung haben. In Parteien wird diskutiert, häufiger auch gestritten, Argumente werden ausgetauscht, verschiedene Blickwinkel betrachtet. Parteien – und insbesondere Volksparteien- sind der Versuch, gesellschaftliche Konflikte auszutragen und innerhalb eines Meinungsbildungsprozesses, bei dem verschiedenste Positionen vorgetragen werden, unter Berücksichtigung diverser Interessen zu einem Ergebnis zu kommen.
Parteien sind keine Eintagsfliegen. Die „etablierten“ Parteien in der Bundesrepublik haben ein historisches Bewusstsein – sie können politische Entscheidungen in einen Gesamtzusammenhang einordnen und Auswirkungen auf andere Bereiche abschätzen. Und Parteien sind die einzigen, die auch unpopuläre, aber dennoch richtige und zielführende Entscheidungen treffen können. Wir werden nie erleben, dass sich irgendwo in unserem Land eine Bürgerinitiative für den Bau eines Endlagers für atomare Abfälle einsetzt. Eine Arbeitsteilung nach dem Motto: Die "guten" Bürgerinitiativen schalten die AKWs ab und die "böse" Politik darf sich um den Müll kümmern, wird auf Dauer nicht funktionieren. Politik ist keine fremde Übermacht, die uns das Geld aus den Taschen zieht und sich auf unsere Kosten ein schönes Leben macht. Politik, das sind wir!
Sicherlich wird nicht jedes neue Parteimitglied die Entscheidungsprozesse einer großen Volkspartei beeinflussen und prägen können. Und trotzdem ist jedes einzelne neue Parteimitglied wichtig. Parteien müssen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, in ihrer Mitgliederstruktur ein Abbild der Gesellschaft sein. Kenntnis von der Lebenswirklichkeit und vom Alltag der Menschen sind der wichtigste Faktor für gute Politik.
Deswegen: Kommt in die Parteien! Am besten natürlich zur SPD.